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BEZIEHUNGEN- Relacje

Ausstellung erfüllt Partnerschaften mit Leben

„Beziehungen–Relacje“: Nach neun Jahren zeigt der Künstlerbund Heilbronn erstmals wieder Arbeiten in Frankfurt (Oder) und Słubice

von Peter Lahr

Artikel erschienen am 3.06.25 in der Rhein-Neckar Zeitung

„Beziehungen" lautete der Titel der Jahresausstellung des Künstlerbunds Heilbronn, die 2023 in der Galerie des Kunstvereins an der Allee zu sehen war. Als Reaktion auf die Pandemie mit eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten kooperierten dabei jeweils zwei oder drei Kreative, um gemeinsame Arbeiten zu schaffen. Nun wanderte die zweisprachige Schau mit dem erweiterten Titel „Beziehungen - Relacje" in die Heilbronner Partnerstädte Frankfurt (Oder) und Słubice. In der Galerie B des Kunstvereins Frankfurt und der kommunalen Galerie Okno zeigen derzeit 24 Künstlerinnen und Künstler 14 Positionen und ein mosaikartiges Gemeinschaftswerk.

Für viele Beteiligte schlossen sich beim grenzüberschreitenden „Doppelpack“ viele Kreise. „Es ist gelebte Partnerstadtbeziehung“, erklärte Volkmar Köhler, einst Vorsitzender des Heilbronner Künstlerbunds, mittlerweile nach Brandenburg umgezogen und Vorsitzender des Frankfurter Kunstvereins. Anfang November werden die Frankfurter zum Gegenbesuch inklusive Ausstellung in der Galerie K 55 erwartet.

Wie aktuell der Ausstellungstitel bis heute ist, zeigte sich vor wenigen Tagen während des mehrtägigen Aufbaus der Ausstellungen. Als eine Art Hintergrundrauschen erlebte das vierköpfige Aufbau-Team um Künstlerbund-Vorsitzenden Klaus Rensch bereits während der morgendlichen Zeitungslektüre die Beziehungsüberschriften. Da suchte der frischgekürte Kanzler neue Beziehungen zu Frankreich, dort führten Dobrindts Grenzkontrollen umgehend zu einem Stau auf der blauen Brücke, die die einstige Dammvorstadt mit Frankfurt verbindet; sie ist der einzige deutsch-polnische Grenzübergang über die Oder weit und breit. Auch beim aktuellen Präsidentschaftswahlkampf in Polen geht es um die Frage der Beziehungen. Pro Europa oder gegen die Deutschen, lautet da die Gretchenfrage. Polnische Fernsehteams waren nicht nur an der Grenze, sie filmten auch die Spitzenkandidaten während des Besuchs der Grenzstadt sowie die gut besuchte Vernissage in der Galerie Okno.

Eine Premiere bildete diese Schau auch für die polnische Kuratorin Anna Panek-Kusz. Die Lichtbildnerin leitet seit Jahren nicht nur die Galerie, sondern auch einen regionalen Fotokunstkreis und zeigte sich erstaunt darüber, dass nun Gemälde und raumgreifende Installationen einzogen - mit und ohne elektronisches Innenleben. Als nicht zuletzt sprachlicher Brückenbauer fungierte Galerie-Mitarbeiter Tomek Fedyszyn, der mit großer Ruhe und Routine die Bilder an die Wände brachte. Während die Galerie Okno in einem pulsierenden städtischen Kulturzentrum aus dem letzten Jahrhundert residiert, liegt die Frankfurter Galerie B in einem der ältesten Gebäude der Stadt, einst ein mittelalterliches Hospiz. Folgerichtig verfügt sie über knarzende Holzstufen statt eines Aufzugs, über verwinkelte, Räume und generell über eine fantastisch kreative Dornröschen-Atmosphäre.

„Wir sind eine europäische Doppelstadt, und das war lange Zeit eine Selbstverständlichkeit im täglichen Zusammenleben“ betonte bei der Vernissage Milena Manns. Die Frankfurter Kulturdezernentin ist auch für Bürgerbeteiligung und Europa zuständig. Das Ausstellungsmotto sei hier „mehr als passend“, da es sogar eine Dreierpartnerschaft gebe - Schostka ist

die ukrainische Partnerstadt der Polen.

Dass eine Partnerschaft von den Menschen gelebt werde, sei das Wichtigste, sagte die Rednerin vor etwa 70 Gästen. Vor rund 25 Jahren sang Tomasz Stefanski bei einem Heilbronner Stadtfest in einem Chor aus Słubice mit. Zwischenzeitlich ist er stellvertretender Bürgermeister und hoffte, beim Gegenbesuch im November mitkommen zu können - mit oder ohne Chor.

 

An die Künstlerbund-Ausstellung „Brennend“, 2016 in der Frankfurter Marienkirche gezeigt, erinnerte Volkmar Köhler. Damals hieß sein Frankfurter Kontaktmann im Kulturbüro Frank Droemert. Mittlerweile wirkt dieser im Vorstand des Kunstvereins mit. Ihm zur Seite steht MichaelKurzwelly, der bereits bei der Bundesgartenschau in Heilbronn präsent war und sein grenzüberschreitendes Doppelstadtprojekt „Słubfurt" präsentierte, eine Mischung aus Sozialer Plastik, Realitätskonstruktion und aktiver Flüchtlingshilfe respektive Integrationsarbeit.

„Eine Ausstellung gegen Einsamkeit“, sieht Klaus Rensch in demProjekt. Denn es sei die Grundlage der menschlichen Spezies, Beziehungen zur Umwelt aufzubauen. In der Lebendigkeit der Städtepartnerschaft gebe es zwar „Luft nach oben“, doch verhalte sich derzeit

Polen vorbildlich in puncto Völkerverständigung. Anders als 2016, entsandte das Heilbronner Rathaus diesmal keine Rednerin, doch immerhin förderte die Käthchenstadt das Projekt finanziell und ermöglichte damit auch einen zweisprachigen, reich bebilderten Katalog.

Die frisch geknüpften Beziehungen vertieften die Künstler bei einem Stadtrundrundgang mit dem umtriebigen Michael Kurzwelly, der es als versierter Zweisprachler und charismatischer Utopist verstand, viele Brücken zu bauen.

Info:Die eintrittsfreie Ausstellung in den Partnerstädten ist bis 8. Juni zu sehen. Naheres unter www.kuenstlerbund-heilbronn.de

Zu entdecken gab es bei der Vernissage sehr Unterschiedliches, schließlich zeigen bei der Doppelausstellung insgesamt 24 Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeiten.

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Kontakt

Künstlerbund Heilbronn e.V.
Karlstraße 55, Galerie  K55
74072 Heilbronn