Als Duo oder Trio sind Künstlerinnen und Künstler des Künstlerbundes Heilbronn in künstlerischer Beziehung gegangen und setzten sich intensiv mit diesem Thema "Beziehungen" auseinander. Mal tiefsinnig, mal mit einem Augenzwinkern - mal lautstark, mal mit Bedacht - mal gestisch, mal fein herausgearbeitet. So individuell und unterschiedlich wie Partnerschaften erlebt werden. Mit diesen Arbeiten kommt der Künstlerbund Heilbronn nun in die Partnerstädte Frankfurt/oder und Slubice, Polen, um auch diese Beziehung mit leben zu erfülen.
27 Künstlerinnen und Künstler präsentieren jeweils zu mehreren in Kooperation erstellten Arbeiten in der Galeria Okno in Slubice und in der Galerie B, Frankfurt/Oder im Rahmen eines Künstleraustausches.
Der Mensch ist kein isoliertes Einzelwesen. Beziehungen aufzunehmen, egal welcher Art, ist Teil seiner DNA. Die Ausformulierung dieser Beziehungen ist abhängig von geschichtlichem und gesellschaftlichem Kontext, gleichzeitg formt sie wiederum das gesellschaftliche Leben, in dem sie sich bildet.
Man könnte sich fragen, was das für eine Gesellschaft an der Nahtstelle zwischen analoger und digitaler und/oder virtueller Welt bedeutet. Schauen wir dazu zunächst darauf, was das für Kunst und Künstler heißt.
In einer Kunstzeitschrift las ich kürzlich: “Wir haben den Genie-Mythos hinter uns,” Gut, es ist das aktuelle Credo in einer Gesellschatt, die seit der Entdeckung des Individuums in der frühen Neuzeit und deren besonderer Pfege in der Romantik, inzwischen in einer Gesellschaft der Singularitäten ,wie sie der Soziologe Andreas Reckwitz beschreibt, angekommen zu sein scheint. Wir denken und handeln in netzwerkgestützten Projekten, was in einer Aufmerksamkeitsökonomie fast zur Notwendigkeit geworden ist. Außerdem war der Geniekult mit einem glücklicherweise, wenn auch noch nicht zur Gänze, überwundenen paternalistischen gesellschaftlichen Umfeld verbunden.
Nun ist aber der kreative Prozeß des einzelnen Künstlers in seinem Atelier oft eine weiterhin eremitäre Selbstverwirklichung. Und die Vermarktung von Kunst setzt immer noch auf den Glamour von Namen. So sind Künstlergruppen in der Historie oft durch Eitelkeiten und Konkurrenzen zeitlich recht limitiert gewesen. Eitelkeiten werden bleiben, Konkurrenzen abzubauen sollte gelingen.
Hier hat die letzte Dokumenta ein Tor aufgestoßen. Nicht nur, daß sie einen breiten Blick auf die Kunst des “globalen Südens” geöffnet hat, sondern auch daß ein Künstlerkollektiv ebensolche aus aller Welt eingeladen hat, die als künstlerische Ökosysteme Kunst in zivilgesellschaftliches Engagement eingebettet präsentiert haben.
Und genau diese Verbindung mit der Zivilgesellschaft ist eine Chance der Kunst in einer Gesellschaft, in der inzwischen die KI Bilder produziert, die bei Christies zu horrenden Preisen versteigert werden, als Künstlerin und Künstler nahbar präsent zu sein, Austausch und Interaktion zu suchen und anzubieten, Beziehungen einzugehen mit dem sozialen Umfeld und darin seinen Beitrag zu leisten.
Nun ist der Künstlerbund kein Kollektiv, aber ein Zusammenschluß von Künstlerinnen und Künstlern unterschiedlicher Sparten, die durch so manche gemeinsamen Projekte kooperationserprobt sind. Das beinhaltet die Erfahrung, daß die Bereitschaft, sich sich mit dem Kosmos des Kollegen zu befassen auf ihn zu reagieren und im Idealfall bei der Zusammenarbeit eine gemeinsame weitere Dimension zu entdecken, Kreativität potenzieren kann. Darin liegt ein Keim, mit dem auch eine Überwindung der Polarisierung sozialer Räume durch Kunst möglich wäre.
Ein Ausstellungsthema “Beziehungen” mit der Maßgabe zu verbinden, daß Mehrere zusammenarbeiten, ist insofern nur konsequent.
Daß diese Arbeitsergebnisse im Rahmen einer Städtepartnerschaft nach Frankfurt (Oder) reisen, daß Künstlerinnen und Künstler beider Städte sich begegnen, Beziehungsbande zwischen den Städtepartnern neu geknüpft werden, erfüllt mich mit Freude, da ich selbst als Ergebnis eines solchen Austausches vor fast 10 Jahren meinen Lebensmittelpunkt in dieser Region gefunden habe.
Beziehungen finden in der analogen Welt zwischen Menschen statt und sie müssen gepflegt werden. Tun wir es.
Volkmar Köhler
Vors. Kunstverein Frankfurt (Oder)